Schulung vom 30. Oktober 2025
Zielvereinbarungen lesen, verstehen und nutzen
Vortrag von Martin Mühlebach, Co-CEO von Lemon Consult und Energiewissenschafter
Einleitung
Zielvereinbarungen sind Verträge zwischen dem Unternehmen und dem Kanton oder Bund, mit denen sich die Unternehmen verpflichten, Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen oder Effizienzsteigerungen für verminderten Elektrizitätsverbrauch umzusetzen. Im Gegenzug werden sie von der CO2-Agabe oder dem Netzzuschlag befreit bzw. wird dies zurückerstattet.
Einordung gesetzlicher Grundlagen
Zielvereinbarungen können sowohl auf kantonaler Ebene als auch auf nationaler Ebene abgeschlossen werden. In den meisten Kantonen gibt es Energiegesetze mit einem Grossverbraucherartikel, welcher definiert, ab wann für einen Elektrizitäts- oder Wärmeverbrauch eine Zielvereinbarung abgeschlossen werden muss. Eine Vorstufe dazu ist die Energieverbrauchsanalyse, die ebenfalls auf kantonaler Ebene geregelt ist. Das Bild zeigt eine Übersicht nach Kantonen mit den jeweiligen Schwellenwerten für Zielvereinbarungen für Elektrizitäts- und Wärmeverbrauch:

© Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)
Nebst den Zielvereinbarungen für die Energieeffizienz gibt es auf nationaler Ebene Zielvereinbarungen zur Reduktion des CO2-Ausstosses, bei welcher in der derzeitigen dritten Verminderungsperiode neu eine jährliche Reduktion von mindestens 2.25% des CO2-Ausstosses im Vergleich zum Startjahr erreicht werden muss, sonst drohen nach Abschluss der Periode Sanktionen.
Ablauf Zielvereinbarung
Die Erstellung einer Zielvereinbarung macht ein Unternehmen nicht allein, sondern es wird dabei durch Energieberater:innen unterstützt. Zu Beginn besuchen diese das Unternehmen vor Ort, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dabei werden die energetischen Verbrauchsdaten sowie Nachhaltigkeitsberichte studiert und bei einem Rundgang die Produktionsprozesse und zum Beispiel Einstellungen der Heizungen und Beleuchtungen angeschaut.

© Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW)
In einem zweiten Schritt werden daraus von den Energieberater:innen Massnahmen ausgearbeitet wie bspw. die Installation eines Wärmetauschers zur Nutzung von Abwärme, eine Umstellung der Beleuchtung von Fluoreszenzröhren auf LED-Röhren oder die Dämmung von Heizungsrohren. Diese Massnahmen können in die Zielvereinbarungen aufgenommen werden, wenn sie ein Payback von weniger als 6 Jahren haben, d.h. die entstehenden Kosten der Prozessoptimierung nach 6 Jahren durch vermiedene Emissionen wieder ausgeglichen sind.
Die Firma stellt dann aus den vorgeschlagenen Massnahmen ihre Zielvereinbarung zusammen, in der festgehalten wird, wann welche Massnahmen umgesetzt werden und wieviel CO2 dadurch pro Jahr gespart wird oder wieviel energieeffizienter das Unternehmen wird. Dies ist selten ein linearer Prozess, da gewisse Massnahmen einen grösseren Hebel haben als andere.
Dann geht es an die Umsetzung der Massnahmen, wobei die benötigen Ressourcen geplant und Offerten eingeholt werden. Betriebsoptimierungen können oft direkt durchgeführt werden, bei anderen Prozessen sind zusätzliche Abklärungen notwendig. Solche Prozessabklärungen sind u.a. Pinch-Analysen, die bspw. aufzeigen, wie die Abwärme eines Prozesses für die Erhitzung in einem anderen Prozessschritt verwendet werden kann. Alle Massnahmen müssen von der Geschäftsleitung freigegeben werden und können erst dann umgesetzt werden.
Das Monitoring wird wiederum durch die Energieberatung durchgeführt.
Mitwirkung der Mitarbeitenden
Möglichkeiten zur Förderung der Kommunikation und des Austausches zu Umweltfragen in der Firma sind die Ernennung von Nachhaltigkeits-Botschafter:innen, einer Company Challenge zur Krönung der besten Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitenden und deren Umsetzung sowie Workshops, in denen die umzusetzenden Massnahmen erläutert und diskutiert werden.
Nach dem Referat hat die Projektleitung einen Input zur Mitwirkung der Arbeitnehmenden gemäss MEM GAV angeschlossen.
Der Grundsatzartikel 8.5 des GAV der MEM-Industrie beschreibt unter anderem, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmende im gleichen Masse für ökologische Verbesserungen im Betrieb motiviert werden, die die Emissionsbegrenzung fördern.

Der GAV empfiehlt weiter die Mitsprache der Arbeitnehmenden in Umweltfragen. Für die Bereiche Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ist die Mitsprache aber Pflicht und in diese Bereiche fallen das Aufstellen von Maschinen und Anlagen, die Arbeitsorganisation und die Arbeitsplatzumgebung. Im Rahmen von Zielvereinbarungen und deren Umsetzung werden bspw. neue Maschinen wie Wärmetauscher aufgestellt. Ebenso ändert sich die Arbeitsplatzumgebung, wenn das Beleuchtungskonzept verändert wird und die Abwärme einer neuen Maschine benutzt wird. Das Abstellen von Maschinen über Nacht hat einen Einfluss auf die Arbeitsorganisation. Diese Themen können also als Türöffner dienen, um Einsicht in die Zielvereinbarungen zu erhalten. Ob das eigene Unternehmen eine Zielvereinbarung abgeschlossen hat, kann auf der Webseite des Bundesamts für Umwelt (BAFU) nachgeschaut werden.
Weitere Informationen zu den Zielvereinbarungen im Kontext der schweizerischen Klimagesetzgebung finden sich auch in der zweiten Schulung des Projekts von Alex Tiefenbacher.