Schulung vom 3. September 2025
Kreislaufwirtschaft
Vortrag von Patricia Deflorin, Professorin für Innovationsmanagement, und Selina Steiner, wissenschaftliche Projektleiterin, beide am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship SIFE der Fachhochschule Graubünden
Einleitung
Die Klimakrise gibt auch für die MEM-Industrie neue Spielregeln vor. Es besteht zunehmend regulatorischer Druck, auf der europäischen Ebene durch den EU Green Deal und national durch das 2023 verabschiedete CO2-Gesetz. Weiter gibt es von Seiten der Kund:innen und der Öffentlichkeit eine erhöhte Nachfrage nach Produkten, welche im Einklang mit einem nachhaltigen Ressourcenverbrauch stehen. Von 361 befragten Unternehmen sehen über die Hälfte (52%) die Wünsche der Kund:innen als starken Treiber von Nachhaltigkeit im Unternehmen, während genau die Hälfte (50%) der Firmen Gesetze und Regulierung als starken Treiber wahrnimmt (Quelle: https://digitalcollection.zhaw.ch/bitstream/11475/27458/1/2023_Furchheim-etal_Swiss-Sustainability-Benchmark-Studie-2023.pdf)
Langfristig sind strategische Ziele wie die «Sustainable Development Goals» (SDG’s) bis 2030 und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens bis 2050 ein Anreiz für einen schonenderen Umgang mit unseren Ressourcen. Global werden aktuell jedoch nur 7% aller Materialien wieder in den Kreislauf eingespeist.
Was versteht man unter Kreislaufwirtschaft?
Kreislaufwirtschaft bezeichnet den Mechanismus, bei dem Materialien wieder- oder weiterverwendet werden, anstatt dass sie auf der Mülldeponie landen. Kreislaufwirtschaft basiert auf drei Grundsätzen: 1) Beseitigung von Abfall und Verschmutzung, 2) Kreislaufführung von Produkten und Materialien (zu ihrem höchsten Wert) und 3) Regenerierung der Natur.

Statt den Restwert des Produkts nach der Nutzung einfach zu zerstören, kann ein Teilwert durch zirkuläre Massnahmen erhalten werden, wie im rechten Bild zu sehen ist. Dadurch wird die Nutzungsphase verlängert und die es landen weniger Materialien auf der Mülldeponie.
Dabei gibt es zehn definierte Strategien, die sogenannten R-Strategien, wobei die kleinste Zahl (0) für jene Strategie steht, welche die Ressourcen am meisten schützt. Die Strategien sind:
- R0: Refuse / Vermeidung bestimmter Materialen
- R1: Reduce / Reduzierung des Materials pro Produkt
- R2: Reuse / Wiederbenutzung
- R3: Repair / Reparierung
- R4: Refurbish / Austausch einzelner Komponenten
- R5: Remanufacure / Auseinandernehmen und wieder zusammensetzen eines alten Produkts
- R6: Re-Purpose / Produkt oder Komponenten anders wiederverwendet
- R7: Recycling
- R8: Recovery / Energie aus Abfall gewinnen
- R9: Re-mine / Materialgewinnung in Deponien.
Zirkuläre Massnahmen in der Industrie am Beispiel Circulus
Beim Projekt Circulus soll eine nachhaltige und zirkuläre Kreislaufwirtschaft in der MEM-Industrie samt Geschäftsmodellen und Supply Chain entwickelt werden. Global gesehen wird für diesen Markt ein jährliches Wachstum von 13,2% bis 2030 prognostiziert, was eine beträchtliche Zahl ist.
Gewisse Geschäftsmodelle werden sich ändern müssen. Eine Möglichkeit ist, dass die Reparatur einer Maschine mit wiederaufbereiteten Ersatzteilen durchgeführt wird statt mit brandneuen Teilen. Eine weitere, die Serviceleistungen in den Kauf der Maschine einzuberechnen, und ein Rundum-Sorglos-Paket namens «Pay per Use» anzubieten. Noch weiter geht die Überlegung im Modell «Pay per Part», bei welchem die Kund:innen die Maschine nicht mehr selbst besitzen, sondern die damit produzierten Teile beim Maschinenhersteller bestellen können. Daneben ist Konnektivität ein zentraler Treiber. Konnektivität beschreibt dabei die Fähigkeit der Produkte, sich über das Internet mit dem Hersteller zu verbinden und Informationen zum Zustand des Produkts zu übermitteln. Damit wird die Wartung und Rückführung erleichtert.

Aktuelle Situation in der Schweiz
Um Zirkularität zu ermöglichen, müssen Anpassungen in der Supply Chain, der Produktentwicklung sowie der Produktion gemacht werden. Aktuell haben in der Schweiz 12% der Unternehmen zirkuläre Geschäftsmodelle in ihrem Portfolio, ca. 9% der Unternehmen investieren mehr als einen Zehntel ihres Budgets in die Erweiterung dieses Geschäftsfeldes und 12% der Unternehmen machen bereits mehr als 10% ihres Umsatzes in der Kreislaufwirtschaft.

Auf dem obigen Bild sind mit „Strategien“ die Massnahmen gemeint, die die Unternehmen umsetzen können. Beispiele dieser Strategien sind zu 27% der reduzierte Verbrauch von Material wie Verpackungen, zu 19% Massnahmen zur Verlängerung der Produktionsinfrastruktur wie Wartung und Reparatur oder zu 17% der Neukauf von emissionsärmeren Maschinen.
Ersichtlich wird, dass bereits vieles in Planung, aber noch wenig umgesetzt ist. Viele Massnahmen werden derzeit auch noch isoliert durchgeführt, wobei aber erst eine Kopplung mit der Veränderung der Lieferkette das volle Potential ausschöpfen würde. Auch fehlen bis jetzt noch transparente Kommunikationsstandards und Messkriterien.